Unserm Neuss die Erft ist lieber!

Erftjongens, Erfttrabanten, Erftjunker und Erftkadetten – einige wenige Schützenzüge haben die Erft im Namen. Aber neben dem Rhein, der es in 15 Zugnamen geschafft hat, fristet sie ein Schattendasein – zu Unrecht!

Im Erftlied, das auch Schützen singen, heißt es: „Mag der Römer stolz den Tiber, Wien die Donau nennen sein, unserm Neuss die Erft ist lieber, seit es schnöd verließ der Rhein.“ Das ist eine Anspielung darauf, dass der Rhein – einst der einzige natürliche Flusslauf im Zentrum von Neuss – im 12. bis 14. Jahrhundert sein Bett gen Osten verlagert hat. Er wandte sich von Neuss ab und den Düsseldorfern zu, verließ also „schnöde“ die Stadt – soweit mit einem Augenzwinkern die Betrachtung aus Neusser Sicht.

Doch auch bei ernsthafter Betrachtung ist die Erft für Neuss wichtig: Im 15. Jahrhundert herrschte Not. Man benötigte dringend Wasser, um den Stadtbefestigungsgraben zu befüllen, um den Zugang zum Rhein zu behalten und um Mühlen zu betreiben. Deshalb wurde 1456 wurde die wasserreiche Erft im Selikumer Park angezapft und als Obererft durch ein neues Flussbett gerade auf die Stadt zu geleitet. Der Bau erfolgte von Hand und ohne technische Hilfe.

Der Plan ging auf: Mit dem Wasser der „neuen Erft“ konnten vorhandene Mühlen betrieben werden und weitere entstehen; auch Gerbereien und Färbereien wurden gegründet. Öl- und Getreidemühlen wurden später zum wichtigsten Gewerbezweig in der Stadt, die Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln hat bis heute Tradition. Auch die Anbindung an den Rhein blieb erhalten und wurde zwischenzeitlich zum Hafen ausgebaut. Der Bau der Obererft war also das, was wir heute Wirtschaftsförderung nennen. Wer weiß, ob Neuss ohne die Erft eine so wirtschaftsstarke und wohlhabende Stadt wäre …

Erftlied

1. Mag der Römer stolz den Tiber,
Wien die Donau nennen sein,
unserm Neuss die Erft ist lieber,
seit es schnöd verließ der Rhein.
Jo, däm Nüsser es de Erf
bös zom Dod ent Hätz jekerv,
of en Afrika hä walz,
of hä Speck en Jrönland salz.

            Lebe hoch, lebe hoch,
            lebe hoch, lebe hoch,
            uns’re Erft, sie lebe hoch!

2. Als ein Kind der Eifler Höhen,
wo’s Vulkan einst trieb so bunt,
muß auf ihrem Lauf sie drehen
manches Rad im kühlen Grund.
Flüß se dörch de Jilbach her,
maat se do de Knolle schwer,
dat die Bure do ze Hus
send berühmb on fein erus.

3. Gern mag Neuss den Yankees gönnen
ihren Niagarafall.
Auf den Sturz wird’s weisen können
Seiner Erft am Paschewall.
Weld schlät sie de Tommelöt,
doll dat Rusche sech ahnhöt,
all dat Wasser es wie Speu,
wä et süht, de wödd bahl fleu.

4. Grün sind meist des Flusses Wellen,
aber wenn zur Frühlingszeit
schmilzt der Schnee und überquellen
alle Wasser weit und breit,
dann e Wöbke kritt die Erf,
jrad wie Aezezupp jefärv,
manchem Nüsser von dem Brei
löpp d’r Keller voll, juchei!

5. Auch von uns’res Ortes Vätern
zärtlich wird die Erft gepflegt.
Darum jährlich um Sankt Petern
heißt es: Heut wird sie gefegt!
Wie sech freut dat kleene Volk,
krebst on föscht en jedem Kolk,
köhn wödd dorch die Sod getratsch
om em deckste Mälm jematsch.

6. So sie fließt dahin bald sachte,
bald sie wild vorüber braust.
Drum sie, Wanderer, nicht verachte,
wenn zuerst die Erft du schaust.
Denk, so mänsche es ne Krott
von Jestalt on hätt mie fott
als ne överlange Därm,
däm de Krott kohm recht zom Ärm.

Text: Aloys Kohlen
Melodie: Straßburg ist ein schönes Städtchen

 

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