Hubert Timmer: vor 125 Jahren geboren, für den Glauben gestorben

hubert-timmerEin Prophet gilt nichts im eigenen Land. Dieses Sprichwort aus dem Matthäus-Evangelium lässt sich auch auf einen katholischen Märtyrer übertragen: Der gebürtige Neusser Hubert Timmer steht im deutschen Verzeichnis der Märtyrer des 20. Jahrhunderts, weil er dem Nazi-Regime standhaft gegenübertrat. In seiner Heimatstadt aber ist er nahezu unbekannt.

Am 4. Juni 1889, also vor genau 125 Jahren, wurde Hubert Timmer in seinem Elternhaus auf der Spulgasse geboren, die damals noch vom Glockhammer geradeaus zum Viehmarkt (heute: Neumarkt) führte. Als sieben Jahre später seine Mutter starb, verbrachte Timmer zunächst einige Zeit im katholischen Waisenhaus der „Schwestern vom armen Kinde Jesus“ auf dem Glockhammer (heute Kloster Marienberg). Später nahm der Vater Friedrich Timmer, von Beruf Schreiner, seinen Sohn wieder zu sich.

Nach mehreren Umzügen innerhalb der Stadt verließ Timmer 1907 Neuss; aus beruflichen Gründen verschlug es ihn in verschiedene Gegenden Deutschlands. Nach einer Schlosserlehre hatte er sich zum Techniker hochgearbeitet und auch kaufmännisch war er versiert. Timmer war als christlicher Gewerkschafter tätig und Anhänger der Zentrumspartei. Sesshaft wurde er schließlich im hessischen Butzbach, wo er eine Familie gründete und 1931 ein Lebensmittelgeschäft übernahm.

1933 kam es zur ersten Konfrontation Timmers mit dem Hitler-Regime. In der Butzbacher Zeitung stand: „Die Anklage beschuldigte ihn, am 3. Mai 1933 unwahre Behauptungen verbreitet zu haben. Er soll gesagt haben, er habe einen gedruckten SA-Befehl zur Anzündung des Reichstagsgebäudes gesehen und die Regierungserklärung Hitlers enthalte nur Lügen.“ Außerdem  hat Timmer die Behauptung der Hitler-Regierung, dass keinem Juden ein Haar gekrümmt worden sei, für unwahr erklärt. Von einem Sondergericht wurde er zu drei Monaten Haft verurteilt. Als Timmer seine Meinung weiterhin vertrat, wurde er Ende 1934 abermals zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

1936 verwehrte man Timmer eine Konzession zum Ausschank von Branntwein, die er für sein Geschäft beantragte. Mit Blick auf die zwei Haftstrafen hieß es, dass ihm die für sein Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit fehle. In einem 11-seitigen Schreiben an den Provinzialausschuss der Provinz Oberhessen brachte Timmer unerschrocken seine Ansichten zum Ausdruck: „Es kann ein Geschäftsmann in politischer Gegnerschaft zur Regierung stehen, er kann die heutige Wirtschaftslinie als verfehlt ansehen, er kann das Führerprinzip mit Rücksicht auf geschichtliche Erscheinungen und auf Grund seiner Erfahrungen mit der Monarchie vor dem Krieg, für unser Volk für schädlich halten und kann trotz aller dieser Gegnerschaft im Wirtschafsleben zuverlässiger sein als ein anderer. „Mit deutlichen Worten hielt er an seinen Standpunkten fest: „Ich will vorausschicken, dass ich durch Gefängnis nie zu einer Gesinnungsänderung zu bringen bin. Mit keinerlei Gewalt lasse ich mir eine Überzeugung aufdrängen, noch mir mein selbständiges Denken verbieten.“

Zwar erhielt Timmer letztlich die angestrebte Konzession, doch im November 1936 wurde er zu Schutzhaft im Konzentrationslager Dachau verurteilt. 1939 wurde er entlassen, aber bald darauf in das Gefängnis in Frankfurt-Preungesheim verbracht. Dort musste Timmer Zwangsarbeit leisten und starb entkräftet am 22. April 1944 – im Alter von nur 54 Jahren.

125 Jahre nach der Geburt Hubert Timmers und 70 Jahre nach seinem Tod ist es an der Zeit, ihm auch in seiner Heimatstadt Neuss die Ehre zu verschaffen, die ihm gebührt. Nach den Widerstandskämpfern Hermann Düllgen (KPD) und Franz Sistemich (SPD) beispielsweise wurden bereits Straßen benannt. Und in der Rathauspassage ist ihnen ein Ort des Gedenkens gewidmet. Warum nicht dem einzigen katholischen Märtyrer?

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