Gleich vier „Heilige Pforten“ gibt es in Rom. Dabei handelt es sich um Türen zu den Papstkirchen, die normalerweise verschlossen sind nur zu ganz besonderen Anlässen geöffnet werden. In der Regel passiert das sogar nur alle 25 Jahre. Neuss, die Stadt mit römischer Vergangenheit, kann da natürlich nicht hintenanstehen.
Was den Römern die Heilige Pforte ist, ist den Neussern das Schützenportal am Quirinus-Münster. Meist bleibt es geschlossen, nur zu ganz besonderen Anlässen wird es geöffnet. Zum Beispiel am Morgen des Schützenfestsonntages, wenn die Schützen vor der großen Königsparade zum festlichen Hochamt in der Basilika zusammenkommen.
Wer das Portal noch nicht aus der Nähe gesehen hat, sollte sich einmal Zeit nehmen und die kunstvollen Bronzereliefs betrachten. Auf den beiden großen Türflügeln ist ein buntes schützenfestliches Treiben zu sehen: die verschiedenen Corps, Musikkapellen, Pferde, Fahnen und Blumenhörner, begeisterte Schützen und fröhliche Zuschauer. Dem Fest fehlt jede militärische Ordnung, alle geben sich der puren Freude hin. Doch auch Obdachlose, Kranke und Traurige sind abgebildet – schließlich halten Schützen nicht nur in Freud, sondern vor allem auch im Leid zusammen. In den Umrandungen der Bildtafeln sind unter anderem die Abzeichen der Schützencorps zu sehen.
Aber das Schützenportal, das auf eine Idee des früheren Münsterpfarrers Hans Dieter Schelauske zurückgeht, soll nicht nur das Schützenbrauchtum würdigen, sondern ein „sichtbares Zeichen der Verbindung von heimatlicher Tradition und christlicher Gesinnung“ sein. Deshalb sind inmitten des schützenfestlichen Treibens acht Heilige abgebildet: natürlich der Neusser Stadtpatron Quirinus und auch Bartholomäus, auf den unsere Kirmes zurückgeht; und außerdem Jakobus, Sebastianus, Hubertus, Matthias, Barbara und Georg – allesamt Patrone von Schützencorps und -vereinen.
Wer seinen Blick über die Türflügel in die Höhe schweifen lässt, erblickt das „Himmlische Jerusalem“. In der christlichen Vorstellung ist das eine neue Stadt, die entstehen wird, wenn Gott am jüngsten Tag Erde und Himmel erneuert. So verbindet das Portal das irdische Neuss – Schützen würden vielleicht sagen: das Paradies auf Erden – mit der himmlischen Ewigkeit.
Gestaltet wurde das 1995 fertiggestellte Schützenportal vom Kölner Künstler Elmar Hillebrand. Aus seinen Händen stammen weitere Kunstwerke in der Kirche, zum Beispiel der Altar. Die Finanzierung erfolgte über Spenden. Viele Schützen, die St. Quirinus- Schötzejeselle und der frühere Bürgermeister und Schützenpräsident Hermann-Wilhelm Thywissen trugen dazu bei.
Übrigen: Seit dem Mittelalter gibt es die Vorstellung, dass beim Durchschreiten einer Heiligen Pforte Schuld und Sündenstrafen nachgelassen werden. Das kann man vom Schützenportal natürlich nicht sagen. Aber vielleicht bewahrt es ja den einen oder anderen vor gewissen „Sünden“ an den Schützenfesttagen, wenn er sonntagsmorgens durch das Portal in die Kirche geht …
Gastbeitrag im Stadt- Kurier